Irgendwie geht's weiter
Außergewöhnliche Schicksale im 19. Jahrhundert
eine Sammlung von wahren
Lebensgeschichten
erforscht und aufgeschrieben von
Gisela Dirac-Wahrenburg
Auguste
Juliane Adams-Lehmann-Buchmeyer
und ihr Indianersohn Herman Lehmann
Auguste Adams und ihr 2.
Ehemann Philip Buchmeyer
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Auguste Juliane Adams * 27 Feb 1833 Rosnowo, Culm, Westpreußen + 15 Apr 1911 Castell TX at the residence of her daughter Mollie Kidd née Buchmeyer
1. oo 3 Sep 1849 TX
13 Kinder
1. Emilie Lehmann * 28 Nov 1850 Mason Co. TX
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On June 5, 1963 Auguste married Philip Otto Buchmeyer. He gave her a home and security - and 6 more children. Philip was a stonemason. He built the first school house in Loyal Valley and many other buildings. The "incredible" happened when he was once again working far away from the farm.
Der Mädchenname meiner Mutter ist Kohtz. Ihre Familie stammt aus
Westpreußen. Bei der Forschung nach ihren Vorfahren stieß
ich auf
einen Kohtz-Familienzweig, der aus dem gleichen Großraum stammt und in
die USA ausgewandert ist. Eine Verwandtschaft zwischen unseren beiden
Familien konnte ich allerdings bisher nicht feststellen. Die Frau des
Auswanderers Martin Kohtz war Pauline Adams. Paulines Onkel war Jacob
Adams, um dessen Tochter Auguste es in diesem Schicksalsbericht geht.
Augustes Lebensgeschichte Die Lebensstationen von Auguste waren geprägt von radikalen Einschnitten, Verlusten und Anpassungen: - Auswanderung mit 13 von Deutschland nach Texas - Tod ihrer Mutter und einer Schwester auf der Überfahrt - Erste Heirat mit 16 - Zwei Ehemänner und 13 Kinder - Kampf mit den Indianern während ihrer 11. Schwangerschaft - Entführung von zwei Söhnen durch Indianer - Grösste Probleme mit ihrem Sohn Herman, der nach acht Jahren bei den „Wilden“ nur widerwillig nach Hause zurückkehrte - Leitung einer Postkutschenstation mit Hotel und Saloon - Versorgung von drei Halbwaisen-Enkelkindern bis zu ihrem Tod Ganz sicher hatte sich Auguste von Amerika, „dem Land, wo Milch und Honig fliessen“, einiges mehr erhofft.
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Als Auguste mit 78 Jahren starb, war sie unendlich müde und bereit zu
gehen. Ein Leben voller Schicksalsschläge, Sorgen und Entbehrungen hatte
ihr alles abverlangt, was sie an Energie und Mut aufbringen konnte. Das
Durchhaltevermögen dieser aussergewöhnlichen Pionierfrau gründete auf
dem unerschütterlichen Glauben an Gott, der ihr die Kraft zum
Durchhalten gab – trotz aller Widrigkeiten. Auswanderung von Westpreussen nach Texas Was ihren Vater Jacob Adams veranlasst hat, mit 40 Jahren alles hinter sich zu lassen und nach Texas auszuwandern, werden wir wohl nie erfahren. Die Familie hatte in Rosnowo und Kokotzko in Westpreussen gelebt, wo Jacobs Frau Bertha Petronella geb. Steinkruss ihm neun Kinder gebar. Vier der Kinder starben vor der Auswanderung. Bei der Überfahrt hatte das Paar fünf Kinder bei sich: Auguste, Jacob, Petronella, Emilie und Gustav Adolph, der erst wenige Monate alt war. Jacob Adams 1806-1865 Das Segelschiff JOHANNA verliess Bremen am 12. Oktober 1846 und kam am 22. Dezember 1846 in Hafen von Indianola, Texas an. Auf Grund der schlechten Wetterbedingungen brauchte das Schiff über zwei Monate für die Überfahrt, was selbst für damalige Verhältnisse sehr lang war. Nahrung und Trinkwasser wurden knapp, und nicht wenige der 125 Passagiere starben. So auch Augustes Mutter Bertha und ihre kleine Schwester Petronella. Man kann sich die Verzweiflung des Vaters vorstellen, der seine Frau und kleine Tochter dem Meer übergeben und alleine mit vier Kindern in die unbekannte neue Welt weiterreisen musste. Die Ernährung für Baby Gustav war sicher ein besonders grosses Problem. Er muss auf der mühevollen Weiterreise oder wenig später gestorben sein, denn gemäss einer Volkszählung war er 1850 nicht mehr bei der Familie. Von Jacobs neun Kindern erreichten nur drei das Erwachsenenalter. Diese drei jedoch hinterliessen eine unglaublich grosse Anzahl an Nachkommen.
Bei der Ankunft in Indianola herrschte Chaos. Unzählige Einwanderer suchten eine Weiterfahrmöglichkeit ins Landesinnere. Jacob Adams und einer anderen Familie gelang es schliesslich, für teures Geld einen Ochsenkarren zu mieten, mit dem sie sich in das rund 250 km entfernte New Braunfels aufmachten.
In Guadalupe County, südlich von New Braunfels fanden sie eine Bleibe. Hier verkaufte ein reicher Landsmann, August Wilhelm Schumann (1791-1858) aus Kothen, Westpreussen ihnen Land, das sie bewirtschaften konnten. Schumann war mit seiner Frau und acht Kindern im Januar 1846 in Texas gelandet. Gleich nach seiner Ankunft in Guadalupe County kaufte er ein Riesengebiet von rund 3‘200 acres im Südwesten des Guadalupe River. Das sind rund 13 Quadratkilometer. Als Schumann einige Monate später einen Wagentreck mit Auswanderern aus Westpreussen traf, bei dem sich auch Jacob Adams befand, verkaufte er ihnen Landstreifen am Fluss. Das Dorf, das auf seinem Land entstand, wurde ihm zu Ehren Schumannsville genannt. Es hat heute um die 650 Einwohner.
Laut einer offiziellen Liste kaufte Jacob Adams 12 acres von Wilhelm Schumann, d.h. gut 48‘000 Quadratmeter Land. Jacobs Mitkäufer und Nachbarn waren die Familien Leissner, Blumberg, Koepsel, Maurer, Berendt, Grimm, Knetsch, Hoffmann, Laechlin, Zipp, Lindemann, Buchholz und Ludeloff. Mehrere dieser Namen finden wir bei Eheschliessungen von Jacob Adams Kindern und Enkelkindern wieder.
Die Pionierjahre waren unglaublich hart. Das heisse Texas-Klima war ungewohnt und im Sommer oft unerträglich. Carl Blumberg, einer der führenden Mitbürger von Schumannsville, schrieb über das Leben in Texas: „Oh, Ihr armen Deutschen! Meine lieben Landsleute! Wenn Ihr in Eurem Heimatland nur wüsstet, was Euch in Texas erwartet … dann würdet Ihr mit Schrecken und Zittern von Eurer Entscheidung absehen, nach Texas auszuwandern und in Eurem geliebten Vaterland bleiben.“
Zunächst wohnte Jacob mit seinen drei Kindern in einer kleinen
Blockhütte. Die 13-jährige Auguste führte den Haushalt und sorgte für
die 2-jährige Emilie. Der 11-jährige Jacob half seinem Vater bei der
Farmarbeit. Heirat mit Ernst Johann Moritz Lehmann Im Alter von 16 Jahren heiratete Auguste den Deutschen Ernst Johann Moritz Lehmann, der sich in Amerika Moritz oder Maurice nannte. Er war sechs Jahre älter als Auguste, stammte aus Schlesien und war ebenfalls Ende 1846 mit seiner Familie nach Texas ausgewandert.
Im Jahr 1850 wurde Auguste mit 17 Jahren zum ersten Mal Mutter. Die kleine Emilie wurde allerdings nur fünf Monate alt. Das zweite Kind wurde 1855 geboren. Sie nannte ihren ersten Sohn nach ihrem kleinen Bruder Gustav Adolph, der kurz nach dem Eintreffen in Texas gestorben war. Von 1855 bis 1875 gebar Auguste 12 Kinder! Schon das alleine war eine Meisterleistung. Zusätzlich half sie bei all den Arbeiten, die der Gemüsegarten, die Weizenfeldern, Hühner und Pferde mit sich brachten.
Der Lehmann-Besitz lag ziemlich isoliert etwa zwei Meilen von Loyal Valley am Ufer des Squaw Creek im Südwesten von Mason County, etwa 25 Meilen nordwestlich von Fredericksburg. Damit wohnte Auguste rund 160 km von ihrem Vater und ihren Geschwistern entfernt, die sie höchstwahrscheinlich nicht sehr oft sah. Die Erde war dort ausgesprochen fruchtbar. Es gab Quellen und Wild. Diese natürlichen Vorteile liessen die Lehmanns und ihre Nachbarn darüber hinweg sehen, dass ab und zu bei Indianerüberfällen einige ihrer Pferde gestohlen wurden.
Am 11. Oktober 1862 starb Moritz Lehmann
und liess Auguste mit sechs Kindern im Alter zwischen einem bis sieben
Jahren zurück. Moritz wurde neben dem erstgeborenen Baby Emilie auf dem
Grundstück der Lehmanns begraben. Auguste war gerade erst 29 Jahre alt. Heirat mit Philip Buchmeyer Am 5. Juni 1863 heiratete sie den 13 Jahre älteren Deutschen Philip Buchmeyer, einen Freund der Familie. Philip gab ihr und ihren Kindern Sicherheit und Nahrung – und sechs weitere Kinder.
Augustes zweiter Mann war Steinmetz. Er ist in der Geschichte von Loyal
Valley als der Mann verewigt, der das erste Schulhaus des Ortes gebaut
hat. Viele Häuser und Steinmauern in der Umgebung entstanden unter
seiner Leitung, wodurch er ziemlich oft abwesend war und die grosse
Familie allein auf der Farm zurück lassen musste. Entführung der Lehman-Brüdern durch Indianer Der 16. Mai 1870 war ein schwarzer Tag im Leben von Auguste. Mit den Konsequenzen dieses Tages zu leben, war nicht nur für Sohn Herman überaus hart. Seine Entführung durch die Indianer liess seine arme Mutter acht Jahre lang zwischen Verzweiflung und Hoffnung zurück. Sie konnte nicht glauben, dass ihr Herman tot war. Und sie sollte Recht behalten.
Im Internet findet man viele Berichte über Hermans Entführung, die nicht immer ganz das Gleiche erzählen. Darum habe ich mich bei der Wiedergabe der Ereignisse an Hermans Memoiren gehalten. Sein Buch „Nine Years among the Indians 1870-1879“ ist ein gelungenes Zeitzeugnis. Er beschreibt eindrücklich sein Leben bei den Indianern und seine grossen Probleme bei der Wiedereingliederung in die weisse Gesellschaft. Es ist mir allerdings unverständlich, warum Herman von neun und nicht acht Jahren bei den Indianern spricht, denn er wurde nachweislich im Mai 1870 entführt und kam im Mai 1878 zu seiner Familie zurück.
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Hermans spektakuläre Geschichte
wurde oftmals gedruckt und auch in andere Sprachen übersetzt.
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Am Tag, als Herman aus seiner Familie gerissen wurde, arbeitete sein Stiefvater Philip, wie so oft, irgendwo in der Umgebung. Auguste war mit den Kindern allein zu Hause. Sie schickte Herman, Willie und Caroline hinaus aufs Weizenfeld, um die hungrigen Krähen zu verscheuchen. Caroline hatte die einjährige Gusta bei sich. Herman war fast elf, Willie acht und Caroline neun Jahre alt. Plötzlich wurden die Kinder von acht bis zehn Apatschen überfallen. Caroline lief schreiend Richtung Haus. Die Indianer schossen mehrmals auf sie, bis sie regungslos am Boden lag. Sie war allerdings nicht getroffen worden, sondern vor lauter Angst in Ohnmacht gefallen. Das war ihr Glück, denn die Indianer kümmerten sich nicht weiter um sie. Ein totes Kind konnten sie nicht gebrauchen. Auch Baby Gusta liessen sie in Ruhe.
Hermans Gefangennahme - nachgestellte Szene aus der ZDF Dokumentation "Terra X" Willie wurde sofort überwältigt. Herman schlug um sich, biss und kratzte, aber gegen seine Widersacher konnte er nichts ausrichten. Sie zogen ihm und Willie die Kleider aus und banden die Brüder nackt auf Pferde. Die Jungen litten Höllenqualen während des folgenden, tagelangen Ritts. Die Sonne verbrannte ihre nackte Haut, das Gestrüpp peitschte auf die verletzten Stellen, und vom ununterbrochenen Reiten auf einem Sattel aus Ästen war ihr Hinterteil wund bis auf die Knochen. Sie bekamen kaum etwas zu essen und zu trinken. Zu diesem Zeitpunkt waren beide mehr als bereit zu sterben. Aber sie bissen die Zähne zusammen und jammerten nicht.
Diese Einstellung rettete ihnen das Leben, denn später musste Herman miterleben, wie gestohlene Kinder, die weinten und klagten, als Feiglinge und Zumutung empfunden und ohne jedes Bedauern auf grausamste Weise getötet wurden.
Auguste verständigte die Kavallerie, die vier Tage nach der Entführung unter der Leitung des afro-amerikanischen Sergeant Emanuel Stance auf die Fährte der Indianer stiess und sie jagte. Sergeant Stance erhielt als erster Schwarzer eine Tapferkeitsmedaille für diese Aktion.
Weil das Pferd, auf dem Willie mit einem Indianer sass, müde war und
nicht schnell genug ritt, wurde er kurzerhand abgeworfen. Es gelang den
Indianern jedoch, mit Herman zu entkommen. Die Wunden der Kinder waren
inzwischen gewaschen und notdürftig versorgt worden. Man hatte ihnen
einen Lendenschutz umgebunden und sie mit Farben bemalt. Sie sollten als
Indianerkinder durchgehen, falls sie jemand beobachtete. Die Rückkehr von Willie Da stand Willie nun ganz allein in der Wildnis, fast nackt und mit indianischer Kriegsbemalung. Er befand sich 100 Meilen von zu Hause entfernt, zwischen San Angelo und Menard. In der Mitte von Nirgendwo war kein guter Ort für einen 8-Jährigen, besonders in dieser Zeit, als es noch Bären, Berglöwen und Wölfe gab. Der findige Bursche folgte zwei Tage lang einem Flusslauf, bis er an eine Strasse kam und schliesslich von einem Händler mitgenommen und nach Hause gebracht wurde.
Auguste war krank vor Sorge um ihre beiden Jungen. Am 3. Juni konnte sie
Willie wieder in ihre Arme schliessen. Seine Berichte über die
unzimperliche Behandlung durch die Indianer liess sie in Bezug auf
Herman jedoch nichts Gutes ahnen. Von ihm fehlte jede Spur. Der Leidensweg von Herman Nachdem sein Bruder nicht mehr da war, fühlte sich Herman noch miserabler und unendlich einsam bei den Wilden, deren Sprache er nicht verstand. Während der etwa zwei Wochen, in denen seine Entführer mit wenig Essen, Trinken oder Schlafen mit ihm ins Indianerdorf unterwegs waren, war Herman körperlich und emotional auf einem absoluten Tiefpunkt.
Die Indianer schienen seine Leidensfähigkeit, Ausdauer und seinen
Lebenswillen testen zu wollen. Sie dachten sich einiges aus, um ihn zu
quälen. Auch im Indianerlager nahe der Grenze von New Mexico war seine
Leidenszeit noch nicht zu Ende. Die Dorfbewohner schlugen ihn, traten
ihn und brannten ihm mit einem glühenden Eisen Wunden in die Arme, bis
er ohnmächtig wurde. Danach wuschen sie ihn und ölten die verletzten
Stellen. Erst ganz langsam besserte sich seine Situation. Der 2. Überfall Am 18. Juli 1870, zwei Monate nach dem ersten Überfall, kamen die gleichen Indianer ein zweites Mal zur Buchmeyer-Farm. Auguste war im 7. Monat mit ihrem 11. Kind schwanger und abermals mit den Kindern allein zu Hause. Ihr Mann und ihr ältester Sohn Gustav waren etwa 1.5 km vom Haus entfernt, um Land zu bewässern. Die 13-jährige Mina und der 8-jährige Willie tränkten die Pferde am nahen Bach. An der Westseite des Baches befand sich ein steiler Hang, von dem plötzlich ein dicker Stein hinunter rollte. Die Kinder dachten sofort an einen erneuten Indianerüberfall, holten hastig die Pferde aus dem Wasser, trieben sie auf die Weide und rannten ins Haus.
Auguste verschloss die Eingangtür und verbarrikadierte sich mit den Kindern im hinteren Zimmer des Hauses. Sie versteckte die kleineren Kinder unter dem Bett und nahm zitternd die Doppelflinte in Anschlag, während sie verzweifelt Stossgebete zum Himmel schickte. Mina stand mit einem Messer neben der Tür. Die Angreifer konnten in den vorderen Teil des Hauses eindringen, zerschlugen einige Möbel, zerschnitten die Federbetten und nahmen Decken, Kleider und eine kleine Pistole mit, die Herman gehörte.
Da sie nicht ins hintere Zimmer vordringen konnten, zerschlugen sie das Fenster und versuchten, von aussen hinein zu kommen. Als Häuptling Carnoviste am Fenster auftauchte, verpasste Auguste ihm eine Ladung Schrotkugeln, die an seinem Schutzschild aus Tierknochen abprallten, streuten und ihn sowie einige seiner Krieger verletzten. Nach einer zweiten Ladung ritten die Indianer wutentbrannt und verletzt davon – nicht, ohne die Pferde der Buchmeyers mitzunehmen. Die Indianer rächten sich tagelang gnadenlos an Herman für diese Behandlung durch seine Familie. Wenn einer der Krieger an seinen Wunden gestorben wäre, dann hätten sie ihn wahrscheinlich umgebracht.
Die Indianer gaben Herman zu verstehen, dass seine gesamte Familie getötet worden sei. Sie wollten ihm damit jeden Wunsch nach Flucht und Heimkehr nehmen. Als Beweis für den erneuten „Besuch“ bei seiner Familie zeigten sie ihm Kleider seiner Mutter und seine kleine Pistole. Diese furchtbare Mitteilung muss Herman aus Selbstschutz dermassen verhärtet haben, dass er seine Familie innerlich aufgab und mit ihnen abschloss. Das Wiedersehen acht Jahre später fiel wahrscheinlich deshalb umso schwieriger aus. Er hatte sie und seine Muttersprache radikal aus seinem Herzen verbannt, um emotionell überleben zu können.
Nach diesem 2. Überfall zogen die Buchmeyers nach Loyal Valley, wo sie
die Postkutschenstation mit Hotel und Saloon kauften und
bewirtschafteten. Loyal Valley befand sich auf der Durchgangsstrasse von
San Antonio nach El Paso. Auguste nutzte den regen Verkehr an ihrer
Station, um jeden Reisenden zu fragen, ob er nicht von einem weissen,
blauäugigen Jungen gehört habe, der bei den Indianern lebt. Viele Jahre
lang wurde dies verneint, aber sie gab die Hoffnung nicht auf. |
Das 1. Foto zeigt die
vernachlässigte Postkutschenstation in Loyal Valley im Jahr 1981. |
Hermans Leben als Apatsche Herman gewöhnte sich nach und nach an das neue, wilde Leben und fand Anerkennung in der Gruppe. Er wurde von Häuptling Carnoviste und seiner Frau „Lachendes Auge“ als Eigentum betrachtet. Sie nannten ihn „En Da“ (weisser Junge). Zunächst musste er niedrigste Sklavendienste für die beiden und andere erledigen, wurde dann aber zum Krieger und Jäger ausgebildet. Er lernte mit Pfeil und Bogen umzugehen, Tiere zu töten und zu häuten, im Lauf auf galoppierende Pferde zu springen, ohne Sattel zu reiten und die Sprache der Apatschen zu sprechen.
Unter Todesandrohung musste Herman sein erstes weisses Opfer skalpieren. Später machte ihm das Töten von Tieren und Menschen nichts mehr aus. Er fand es normal und gerechtfertigt, den Weissen, die ungefragt das Land der legitimen Ureinwohner besetzten, ihre Rinder und Pferde zu stehlen und sie nötigenfalls auch umzubringen.
Im Frühling 1876 tötete Herman den Medizinmann einer befeindeten Apatschen-Gruppe und rächte damit den Tod an seinem Häuptling und Freund Carnoviste. Exzessiver Alkoholkonsum hatte zu Streitereien zwischen vormals befreundeten Gruppen geführt. Das „Feuerwasser“ der Weissen – sowie auch deren Krankheiten – waren allzu oft fatal für die Indianer.
Da das Töten eines „untastbaren“ Medizinmannes ein furchtbares
Verbrechen war, musste Herman von nun an um sein Leben bangen. Er
versteckte sich in abgelegenen Gebieten. Ein ganzes Jahr lang schlug er
sich ganz allein in der Wildnis durch, bis er die Einsamkeit nicht mehr
ertragen konnte und den Entschluss fasste, sich den Komantschen
anzuschliessen, die in seinem Rückzugsgebiet wohnten. Es gelang ihm mit
Mühe, sie von seinen guten Absichten zu überzeugen. Sie akzeptierten ihn
schliesslich und gaben ihm den Namen
Montechema.
Hermans Leben als Komantsche
Quanah Parker Hermans Gruppe folgten Quanah Parker ins Kiowa-Komantsche-Reservat in der Nähe von Fort Sill, im heutigen Oklahoma. Herman selber weigerte sich zunächst, folgte dann aber seinen Indianerfreunden und lebte von 1877 bis 1878 im Reservat. Häuptling Quanah adoptierte Herman, der nun offiziell ein Komantsche war.
Während all dieser Jahre bangte Auguste um ihren Sohn. Sie war überzeugt, dass er noch am Leben war. Zunächst hörte sie jahrelang nichts, dann flackerte Hoffnung auf, als sie mit Adolph Korn sprach. Adolph war auch entführt worden und hatte sechs Jahre lang bei den Indianern gelebt. Er erzählte ihr nach seiner Freilassung, dass er Herman bei den Apatschen gesehen und mit ihm gesprochen habe. Aber wo sollte man suchen? Die Indianer waren Nomaden und wohnten nie lange an einem Ort.
Erst Anfang 1878 bekam Auguste einen konkreten Hinweis, als die letzten Indianer sich in Fort Sill versammelten, um in Reservate eingeteilt zu werden. Auguste erfuhr, dass ein weisser junger Mann bei den Komantschen lebte. Sie war irritiert, denn gemäss Adolph Korn war ihr Herman bei den Apatschen. Dennoch hatte sie grosse Hoffnung, dass es sich um ihren Sohn handelte.
Als sie hörte, dass der befehlshabende General von Fort Sill, Ranald McKenzie, nach Fredericksburg unterwegs war und durch Loyal Valley kommen würde, war sie ausser sich. Sie musste ihn unbedingt sprechen. Sie befand sich nicht im Ort, als die Nachricht sie erreichte, fuhr aber mit ihrem Pferdegespann umgehend nach Hause. Verzweiflung packte sie, als sie erfuhr, dass sie den General verpasst hatte! In Windeseile wechselte sie die Pferde und fuhr wie vom Teufel gejagt mit ihrem Mann hinter dem General her. Noch vor Fredericksburg holten sie ihn ein und erzählten ihm von Herman. Obwohl die Beschreibung, die Auguste ihm von Herman gab, den General nicht überzeugen konnte, sandte er ein Telegramm nach Fort Sills mit dem Befehl, Herman unverzüglich nach Loyal Valley zu bringen.
Aber Herman war auf der Büffeljagd. Man teilte Auguste mit, dass er erst
in drei Monaten zurück sein würde. Das waren die längsten drei Monate in
Augustes Leben. Alle zwei Wochen schickte sie ein Telegramm nach Fort
Sill um nachzufragen, ob der junge Weisse nicht endlich von der Jagd
zurück sei. Im April 1878 kam endlich die Nachricht, dass er mit einer
Eskorte unterwegs nach Loyal Valley war. Hermans unfreiwillige Heimkehr Fünf Soldaten und ein Fahrer begleiteten Herman in einer Ambulanz, die von vier Maultieren gezogen wurde. Die Bewachung war notwendig. Herman war ein Indianer und hätte jede Gelegenheit genutzt, um zu fliehen. Er war der festen Überzeugung, dass seine Familie tot war und hatte keine Ahnung, wohin man ihn bringen würde. Zu dem Zeitpunkt verstand er weder Englisch noch Deutsch.
Am 12. Mai 1878 kam der lang Vermisste zu Hause an. In einem späteren Interview beschreibt Auguste die Ereignisse wie folgt: „Kann man sich meine Aufregung und Freude vorstellen, die jedoch mit Zweifeln und Ängsten gemischt war? Falls er mein verlorener Sohn war, dann wäre ich die glücklichste Mutter auf Erden. Ich zählte die Tage, und es regten sich Zweifel in mir. Ich war sehr aufgeregt und zitterte. Jeden, der vorbei kam fragte ich, ob er Soldaten auf dem Weg hierher gesehen habe. Immer wurde dies verneint. Dann sagte eines Morgens ein Mann, dass in der Nähe von Mason Soldaten unterwegs seien, die einen weissen Jungen bei sich hätten. Sie wären sicher gegen Abend hier. Wir bereiteten ein Festmahl vor. Ich lief den ganzen Tag nervös hin und her, nur um ab und zu anzuhalten und zu lauschen, ob ich nicht einen Wagen hörte. Aber ich hörte nichts als den Regen, der gegen das Fenster schlug.
Dann kamen eine Menge Leute ins Haus und sagten mir, dass die Soldaten drei Meilen von hier ein Lager aufgeschlagen hätten und dass sie mich hinbringen würden. Mein Mann sagte mir, dass ich nicht in den Regen hinaus gehen solle. Ein paar Männer beschlossen, zu den Soldaten zu reiten und sie zu bitten, noch in dieser Nacht nach Loyal Valley weiterzufahren - was sie auch taten.
Während dieser letzten Wartezeit hielten mein Mann und der Schullehrer mich auf dem Stuhl fest. Inzwischen hatten sich an die 300 Freunde und Nachbarn vor dem Haus versammelt. Dann hörte ich die Räder der Ambulanz. Mein Herz schlug schneller und schneller. Ich wollte zur Tür, aber sie hielten mich fest. Ich riss mich los, rannte hinaus zu Herman, umarmte ihn und weinte. Dann führte ich ihn ans Licht und – grosser Gott – ich dachte, er sei nicht Herman!“
Herman blieb ungerührt. Er zeigte keinerlei Reaktionen, ausser einer hochmütigen Gleichgültigkeit. Augustes Zweifel waren berechtigt. Er war elf Jahre alt gewesen, als sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Nun war er ein junger Mann von 19 und sah wirklich sehr anders aus. Die erlösenden Worte kamen von Hermans zwei Jahre älteren Schwester Wilhelmina, die ihn auf Grund einer Narbe an der Hand einwandfrei identifizierte. Sie hatte ihrem Bruder die Verletzung versehentlich selbst mit einem Beil zugefügt, als sie Kinder waren. Augustes Freude und ihre Dankbarkeit gegenüber General McKenzie waren grenzenlos.
Herman beschreibt die Situation aus seiner Sicht in seinem Buch wie folgt: „ Bei meiner Ankunft hatten sich eine Menge Leute versammelt, unter ihnen meine Mutter. Aber ich erkannte sie nicht. Die vielen Jahre der Wildheit hatten die Erinnerungen an Mutterliebe und Gefühle ausgelöscht. In dieser Stunde, die eine Stunde höchsten Glücks hätte sein sollen, war sie für mich nur eine weisse Squaw. Seltsamerweise untersuchte die Menge mich und sprach aufgeregt in einer Sprache, die ich nicht verstand, obwohl es meine Muttersprache war. Sie suchten nach Erkennungszeichen und fanden schliesslich eine Narbe an meiner Hand, die von einer Verletzung in meiner Kindheit stammte.
Hermans Rückkehr - nachgestellte Szene aus
der ZDF Dokumentation "Terra X"
Dann kamen mein Bruder Willie und meine Schwester Mina zu mir, und der
dunkle Vorhang des Vergessens, der so lange über mir gelegen hatte, hob
sich langsam. Erinnerungen an meine Kindheit kamen zurück. Ich erinnerte
mich an Willie und Mina als meine Spielkameraden in einer lange
zurückliegenden Zeit. Dann sagte jemand immer wieder ‚Herman, Herman’.
Der Name klang vertraut – und es wurde mir schliesslich klar, dass es
mein eigener Name war. Der Nebel lichtete sich und ich wusste, dass ich
meine Familie wiedergefunden hatte. Aber ich war ein Indianer. Und ich
mochte sie nicht, weil sie Bleichgesichter waren.“ Die schwere Zeit der Integration Das Hochgefühl über das Wiedersehen hielt bei seiner Familie nicht lange an. Nach acht Jahren, in denen er sich ausschliesslich in den Sprachen der Apatschen und Komantschen verständigt hatte, war Herman mit seiner alten Muttersprache total überfordert. Genauso machte ihm das organisierte, ungewohnt hektische Leben der Weissen zu schaffen. Er schlief nicht im Bett, sondern auf dem Boden, ass gemäss dem Indianerglauben kein Schweinefleisch und fand die Kleidung der Weissen furchtbar unbequem.
Nicht selten erschien er mit nacktem Oberkörper, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, mit Kriegsbemalung und Federschmuck vor den Hotelgästen, was seine Mutter zutiefst bekümmerte und beschämte. Einigen Gästen war das so unangenehm, dass sie sich nie wieder blicken liessen. Andere hingegen fanden seine Vorstellungen amüsant. Schliesslich war Herman eine Berühmtheit in Texas. Alle wussten Bescheid über ihn.
Hermans Zeit in der Prärie hatte ihn unauslöschlich geprägt. Für den Rest seines Lebens blieb er „ein Indianer“.
Soweit es möglich war, begleitete sein Bruder Willie ihn überall hin. Er hinderte ihn daran, die Schweine der Nachbarn auszurotten, weil er sie als unrein empfand, und die Pferde zu stehlen, die einladend auf den Weiden herum standen. Herman war sauer auf Willie, weil er ihm alles verbot, was früher sein Lebensinhalt war. Er hatte ständig schlechte Laune. Nichts konnte ihn für dieses Leben bei den Weissen begeistern. Er hatte Heimweh. Sein einziger Spass bestand darin, kleine Kinder zu erschrecken.
Manchmal versuchte er zu fliehen, aber Willie holte ihn ein und bewegte ihn zur Umkehr. Es war ihm unangenehm, seine Mutter und Schwestern weinen zu sehen, weil sie nicht wussten, wie sie ihn zurück gewinnen konnten. „Ganz langsam webten die unendliche Güte meiner Mutter, die herzliche Zuneigung meiner Schwestern und die Wachsamkeit und Geduld meiner Brüder ein Netz der Liebe um mich herum, das so lange währte wie das Leben selbst.“ So beschreibt Herman seine zögerliche Eingliederung.
Da er nichts gelernt hatte, tat er das, was er am besten konnte. Er verdingte sich als Fährtensucher oder zog seine Indianerkleider an und demonstrierte auf Ausstellungen und Marktplätzen sein Können als ausgezeichneter Reiter ohne Sattel und als treffsicherer Schütze und Lassoschwinger. Er war DIE Attraktion! Wenn er mit markerschütterndem Schrei herangaloppierte, waren nicht nur sein Opfer zu Tode erschrocken, sondern auch die Zuschauer. In vollem Ritt spannte er den Bogen und jagte seinen Pfeil mitten ins Herz des gehetzten Tieres.
Danach stiess Herman erneut einen Kriegsschrei aus, bevor er sich mit der Geschmeidigkeit einer Katze vom Pferd herabliess, um sich über seine Beute zu beugen. So manch einer musste wegschauen oder sich übergeben, wenn er dann mit einem sicheren Schnitt den Leib des noch dampfenden Tieres öffnete, ihm die Leber heraus schnitt und sie roh verspeiste – eine Delikatesse für jeden Indianer. Authentische Darbietung hin oder her – das war dann doch zu viel des Guten. Dass er nie einen Schaulustigen mit seinem Pfeil traf, grenzte an ein Wunder – oder war eben seinen aussergewöhnlichen Fähigkeiten zu verdanken, die er sich bei seinen Indianerfreunden angeeignet hatte.
Dank dieser Treffsicherheit musste er auch nie einen Drink im Saloon selber bezahlen. Besonders die Durchreisenden hatten ihren Spass daran, mit ihm zu wetten, dass er ihren Hut nicht treffen würde, der in einigen hundert Metern Entfernung auf einer Stange baumelte. Herman traf immer.
Bruder Willie war seine Verbindung zur „weissen Welt“. Durch ihn lernte er Deutsch und Englisch und verstand nach und nach, dass er die Haustiere der Nachbarn in Ruhe lassen musste, dass er sich anständig anziehen musste, um zum Essen zu erscheinen und dass er nicht plötzlich ohne jede Vorwarnung sein gellendes Kriegsgeschrei ausstossen konnte, das allen das Blut in den Adern gefrieren liess.
Willie hatte ganz sicher das grösste Verständnis für Herman, denn er war ja selber auch entführt worden. Seine Erleichterung darüber, dass ihm Hermans Schicksal erspart geblieben war und sein schlechtes Gewissen, dass er seinen Bruder „im Stich gelassen hatte“, halfen ihm sicher dabei, Hermans kapriziöses Verhalten zu ertragen. Die zwei waren durch das Erlebte zu Komplizen geworden.
Anfangs muss es für Auguste schlimm gewesen sein, einen Indianersohn zu haben, vor denen die Kinder im Ort Angst hatten, der in einen Gottesdienst platzte und einen Indianertanz aufführte, weil er annahm, dass die Gemeinde den Grossen Geist um Regen anflehte, der rohes Fleisch ass und oft tagelang verschwand, um mit erschossenen Tieren Heim zu kehren. Nach diesen Ausflügen war er distanziert und unnahbar. Er vermisste sein Indianerleben und die Gesellschaft seiner roten Brüder schrecklich. Genau so, wie er nach seiner Entführung vor acht Jahren die schützende Wärme seiner Familie und das geregelte Farmleben vermisst hatte.
Aber nach und nach besserte sich die Situation. Obwohl er sich nie
gänzlich der weissen Gesellschaft anpasste, war er doch nach einer
gewissen Anpassungszeit wegen seines gutmütigen, humorvollen Wesens sehr
beliebt. Die Kinder, die ihn vorher fürchteten, wurden seine Freunde.
Die Loyal Valley Gemeinde akzeptierte ihn und nahm ihn – die indianische
Berühmtheit – als einen der ihren an. Ab und zu stahl er bei den
Nachbarn ein Huhn, um es zu verspeisen. Da Willie ihm diese dumme
Angewohnheit nicht wirklich abgewöhnen konnte, gab er auf und ersetzte
stattdessen den Nachbarn jeweils stillschweigend das Geflügel. Man
vergab Herman diese Unsitte und lächelte sogar darüber. Herman als Ehemann und Familienvater Auguste war erleichtert, als Herman 1885 Miss Burks heiratete. Vielleicht würde er jetzt sein Gleichgewicht wieder finden und seine Ruhelosigkeit aufgeben. Aber die Ehe war nicht glücklich und wurde geschieden.
Abermals war Bruder Willie sein Heilsbringer. Willie hatte 1895 die 17 Jahre jüngere Sophie Light geheiratet, deren Schwester Fannie für Herman endlich die Richtige zu sein schien. Herman heiratete Fannie in 2. Ehe im Jahr 1896. Wie ihre Schwester, so war auch sie 17 Jahre jünger als ihr Mann. Verbrüdert und verschwägert waren Herman und Willie ein Zeitlang glücklich und sich sehr nah. Der rege Kontakt zwischen den beiden Familien tat ihnen gut.
1899 - Herman, Henry, Fannie und John Lehmann
Herman war zwar ein liebevoller Vater und guter Ehemann, aber es überkam
ihn immer noch regelmässig diese innere Unruhe. Er musste hinaus in die
Natur. Dann verschwand er für ein paar Tage, um in den Weiten der
Prairie zur Ruhe zu kommen. Hermans drei Väter und sein Umzug nach Oklahoma ins Indianerreservat 1901 wurde Herman auf Grund der Aussagen von Quanah Parker offiziell als dessen Adoptivsohn anerkannt. Somit hatte Herman nun drei Väter: einen biologischen Vater, einen Stiefvater und einen Adoptivvater. Ganz sicher fand Auguste wenig Gefallen an dieser Situation.
Es dauerte noch weitere sieben Jahre, bis Herman am 29. Mai 1908 nach langem Hin und Her und einigen Prozessen vom US Department of Indian Affairs 160 acres Land im Indianerreservat bei Grandfield, Oklahoma zugesprochen wurden. 1910 zog die Familie dorthin.
In Erwartung auf ihr eigenes Land waren Hermann und seine Familie bereits 1901 nach Oklahoma gezogen. Zwei ihrer Kinder wurden in Texas geboren: Henry 1897 und John Frederick 1898. Die drei Mädchen kamen in Oklahoma zur Welt: Amelia Marie 1901, May 1904 und Caroline 1911.
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Census 1910: Indiahoma, Comanche County, Oklahoma:
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So sehr sich Herman auch danach gesehnt hatte, zu seinen indianischen Freunden zurückzukehren - die Rückkehr war mehr als ernüchternd. Das war nicht das wilde Leben in Freiheit, an das er sich gerne erinnerte. Er war kein Farmer, und das Leben im Reservat langweilte ihn. Die Rückkehr zu seinen Freunden kam einfach viel zu spät. Er hatte über 20 Jahre lang bei den Weissen gelebt und eine Familie gegründet. Er hatte die langsame Entwicklung seiner roten, gefährlichen Kriegerfreunde zu harmlosen, frustrierten, oftmals alkoholsüchtigen Reservatbewohnern nicht mitbekommen und war masslos enttäuscht.
Er vermisste die Hügellandschaften von Texas und nicht zuletzt seinen Bruder Willie. Er war weder glücklich in der einen, noch in der anderen Welt.
Sein Bruder Willie und dessen Frau Sophie hatten vier Kinder. Maurice John wurde 1896 geboren, Alma 1898, Augusta 1901 und Gustav Adolph 1906. Leider starb Sophie 1907 viel zu früh im Alter von 29 Jahren. Willie heiratete 1916 in zweiter Ehe Rebecka Elisabeth Rode. Mit ihr hatte er die Mädchen Gerda Mathilde im Jahr 1919 und Esther 1924. Er war 63 Jahre alt, als er zum letzten Mal Vater wurde.
Die Volkszählung von 1910 verrät uns, dass Auguste ihre Enkelkinder
Maurice, Alma und Augusta bei sich aufgenommen hat, nachdem Willies
erste Frau Sophie gestorben war. Nur der vierjährige Gustav Adolph muss
wohl bei seinem Vater oder bei einer anderen Familie gelebt haben. Am
15. April 1911 starb Auguste, und für die Halbwaisen musste eine neue
Lösung gefunden werden. Es ist nicht bekannt, bei wem sie bis zur
Wiederverheiratung ihres Vaters im Jahr 1916 gewohnt haben. Hermans Rückkehr nach Texas und sein Tod Herman lebte mit seiner 2. Frau und seinen Kindern 25 Jahre lang in Oklahoma, bis er aus unerfindlichen Gründen im Jahr 1926 seine Familie verliess und zurück nach Loyal Valley zu seinem Bruder Willie zog. Herman und Willie Zu der Zeit war Herman ein gebrochener Mann. Einer seiner Söhne war früh gestorben, seine zwei Ehen waren gescheitert und er war in keinem Beruf erfolgreich gewesen. Trotz aller Anstrengungen war ihm die Rückkehr ins Leben des weissen Mannes nicht gelungen. Er fühlte sich nach wie vor hin und her gerissen zwischen zwei Lebensarten. Dennoch machte er den Indianern nie Vorwürfe für sein unglückliches Leben.
Herman verbrachte die letzten sechs Jahre seines Lebens in Loyal Valley.
Er starb am 2. Februar 1932 im Alter von 72 Jahren an einer
Herzmuskelentzündung. Er wurde neben seiner Mutter und seinem Stiefvater
beerdigt. |
Sterbeurkunde von Herman und ein Zeitungsartikel über seinen Tod
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Gedenktafel für Herman und Willie in Loyal Valley TX und Hermans Grabstein |
Augustes Nachkommen
Quellen - Das Buch "Nine years among the Indians 1870-1879" von Herman Lehmann - Das Buch "The West Texas Frontier" von Joseph Carroll McConnell - Amerikanische Volkszählungsindexe (Census) - Verschiedene Familienforschungsseiten im Internet - Interview von Joe Herring mit Willie Lehmanns jüngster Tochter Esther
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Die
Nachforschungen für diese Geschichten haben sehr viel Zeit in Anspruch genommen.
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Gisela Dirac-Wahrenburg